Das muss anders gehen

Stellungnahme des Elternrats der Max-Brauer-Schule zur geplanten Erweiterung der Grundschule

Der Elternrat der Max-Brauer-Schule hat am 13.12.2018 in der ordentlichen Elternratssitzung einstimmig beschlossen, dass er gegen die geplante Erweiterung der Grundschule ist.

Im Folgenden die Begründung:

1. Kritische Größe

Für Menschen, vor allem für kleine und junge, sollte mindestens dasselbe gelten, wie für alle anderen Lebewesen: sie brauchen Raum für Entwicklung, Bewegung und Rückzug. In einem vier- bis fünfstöckigen Grundschulgebäude wäre dies nicht mehr gewährleistet. Es entstünde zwar theoretisch mehr Schulhoffläche, diese müssten sich jedoch auch wesentlich mehr Schüler*innen teilen. Überdies wäre die Fläche weniger durchbrochen durch kleine Bauten und böte kaum noch Nischen und Rückzugsorte. Ein riesiger Schulhof führt zu Dauerbeschallung und Stress. Dass in solchen Settings Fälle von aggressivem Verhalten zunehmen, ist eine Tatsache, die von Pädagogen und Schüler*innen bestätigt wird. Insbesondere für die kleinen Jahrgänge steigt die Anonymität der Gruppe deutlich mit anwachsender Gebäudegröße und Menschenmenge. Sie verlieren die Orientierung, wer in welche Klasse gehört und wen sie ansprechen können, wenn sie Hilfe brauchen. Das ist schon bei der jetzigen Größe der Grundschule mit drei Zügen und einer Vorschulklasse für manches Kind eine Herausforderung.

2. Entwicklung des Viertels und Stadtplanung

Mit großer Besorgnis beobachten wir, nun auch an der Max-Brauer-Schule, die Auswirkungen der kurzsichtigen und einseitigen Stadtentwicklungspolitik in Hamburg. Das Prinzip der „wachsenden Stadt“ wird unserer Ansicht nach weder nachhaltig oder zukunftsgerichtet noch partizipativ umgesetzt. Im Gegenteil: Grundstücke wurden und werden verkauft, Investoren angelockt und währenddessen bleiben das Gemeinwohl und die berechtigten Interessen von Anwohner*innen und Betroffenen auf eine weiterhin funktionierende Infrastruktur zählen zu können, weitgehend auf der Strecke. Besonders in Altona und dort im Grenzgebiet Bahrenfeld/Ottensen wird dies in den nächsten 5-10 Jahren noch deutlich verschärft. Als aktuellsten Beispiel sei das riesige Areal Kolbenschmidt, Schwarzkopf, Euler Hermes, genannt, auf dem weit über 1.000 Wohnungen entstehen werden. Unseres Wissens ist auch hier kein Schulneubau mitgedacht oder eingeplant worden. Es ist also abzusehen, dass, selbst wenn alle bestehenden Grundschulen im Umfeld ausgebaut werden, es danach immer noch nicht genügend Plätze geben wird. Weiterhin ist unklar, was mit Schüler*innen geschieht, die in die 5. Klassen übergehen. Auch hier wird es ja in absehbarer Zeit an Plätzen fehlen. Ein weiterer Knackpunkt ist die jetzt schon kaum erträgliche Verkehrssituation rund um die Schule. Diese wird sich mit einer Erweiterung kaum entspannen. Das betrifft, neben den baulichen Aspekten auch die unmittelbare Nachbarschaft der Schule.

3. Gesicht der Schule und pädagogischer Ansatz

Unseres Erachtens würde sich durch die geplanten Bauten/Bauweise das Gesicht der Schule solcher Art verändern, dass wichtige Identifikationspunkte verschwinden würden. Dies betrifft im besonderen Maße die Aula, die quasi das Herz der gesamten Schule (von Jahrgang 0-13) ist. Die Aula ist von der Einschulung über unzählige Konzerte, Theateraufführungen, Feste und Präsentationen bis hin zur Abiturfeier ein gemeinsamer Ort und großer Anziehungspunkt für die Schulgemeinschaft und unentbehrlich für unsere gute Schulkultur. Und nicht nur das: das Prinzip der Kleinteiligen Bebauung und der gemeinsamen Orte für individualisiertes Arbeiten aber auch für altersübergreifende Projekte ist elementar für den pädagogischen Ansatz der MBS, vor allem in der Grundschule. Das besondere Reformkonzept der Schule kann in einem immer größer werdenden System nicht nachhaltig und in angemessener Qualität weitergeführt und verlässlich an neue Kolleg*innen weitergegeben werden. Der geplante Abriss beträfe darüber hinaus auch die niedrige Riegelbebauung, die strukturgebend für den Schulhof ist und gerade den kleineren Schüler*innen Orientierung und Schutz bietet. Die Gebäude sind übersichtlich und jede Klasse hat ihr Zuhause und ihre Nachbarn darin gefunden. Das Gefühl in einer kleinen, überschaubaren Gemeinschaft zu lernen und zu leben wird unterstützt und sowohl Lärm, als auch große Menschengruppen bleiben in einem erträglichen Maß.

4. Partizipation

Und als letzter Punkt bewegt uns die Frage nach der Mitbestimmung. Entscheidungen wurden offensichtlich schon lange getroffen oder so lange aufgeschoben, bis keine sinnvolle Planung mehr möglich war. Die im Schulgesetz verankerte Partizipationsmöglichkeit der Eltern (Kreiselternrat und Elternkammer) bei Schulentwicklungsplänen wurde ausgehebelt, in dem es seit 2012 keinen solchen Plan mehr gibt und sich offiziell für die Einzelfalllösung entschieden wurde. Damit wird die ganze Last solcher Entwicklungen auf die Schultern von Schüler*innen, Lehrer*innen und Eltern gelegt. Schon jetzt ist die MBS mit ihrem besonderen Konzept, mit den Themen Ganztag und Inklusion und einer seit 10 Jahren andauernden Baustellenphase mit vielen Übergangslösungen, wie Containern statt Klassenräumen und einem immer beengten Schulhof, am Rande seiner Kapazitäten. Die neuen Pläne würden noch weiteren Druck auf das gesamte System ausüben.

Wir fordern daher die Politik auf, die zuständigen Behörden und Ämter so zu organisieren und zu befähigen, dass diese demokratisch und im Sinne der Interessen möglichst großer Teile der Bevölkerung Entscheidungen treffen und umsetzen.

Die Stadt Hamburg hat in den vergangenen Jahren viel Geld mit dem Verkauf von alten Schulgebäuden und städtischen Grundstücken verdient. Wenn ganze Stadtteile neu geplant und gebaut werden, müssen auch von Anfang an zusätzliche Schulen mitgedacht werden. Eltern wünschen sich gute Schulen, in denen die Kinder gerne sind und mit Freude lernen. Das geht unseres Erachtens nicht in drangvoller Enge. Aggression, Gewalt, psychische Störungen und Schulversagen sind mögliche Folgen. Die wachsende Stadt wird nur dann erfolgreich sein, wenn bei der Planung Bildung und Schule mindestens so ernst genommen werden, wie Steuereinnahmen und Profit. Nur so wird diese Stadt tatsächlich wachsen und gedeihen. Das kostet natürlich Geld. Aber es ist eine Investition in unsere Kinder und unsere Stadt und damit in unsere Zukunft. Wir fordern daher eine neue Grundschule, und besser noch Stadtteilschule für den Grenzbereich Ottensen/Bahrenfeld!

Stellungnahme als PDF

Eigene Webseite zur Aktionsgruppe